#28 - CityTempel

☮ 14.08.2022 - CityTempel

Friederike war dienstlich wieder unterwegs und hat uns einen sehr eindrucksvollen Blick auf die neuzeitlichen Tempel in unseren Innenstädten, hier am Beispiel von Frankfurt am Main, mitgebracht. 

Wir befinden uns in einer der oberen Etagen eines Kauftempels an der Hauptwache in Frankfurt am Main.
Im angeschnittenen, seitlich schrägen Blick nach links sehen wir im klassisch, diagonalen Bildverlauf die Katharinenkirche, eine im 17. Jahrhundert errichtete und nach dem zweiten Weltkrieg wiederaufgebaute evangelische Hauptkirche, als freistehender Bestandteil der umgebenden Citytempel.
Der Diagonale nach rechts oben folgend, erkennen wir die Spitze des Geldtempels Commerz-Bank-Tower, der die Spitze der Katharinenkirche um ein Vielfaches überragt. Die Spitze wird von ebenso massig aufragenden wie kantigen Säulen im Corporate-Design gestützt. Weitere Säulen des Kapitals und des Kommerz sind im Umgriff um diese zentralen Tempel in der verwaschenen Spiegelung der Aufnahme erkennbar.
Über der ganzen Tempelszenerie dräut ein grauer, wolkenverhangener Himmel, der wie ein Omen auf eine Zukunft mit ungewissem Ausgang hinweist.
Ameisengleich verschwinden Menschen und Maschinen in der monumentalen Kulisse der von ihnen errichteten Bauwerke. Es wirkt als liefen sie unschlüssig zwischen den Citytempeln, den Tempeln des Geldes, den Tempeln des Glaubens und den Tempeln des Kaufens hin und her.

Das farblich gut ausgewogene Bild beschreibt sehr ausdrucksstark das Dilemma des modernen Menschen, der sich selbst verloren in einer von ihm geschaffenen realen, materiellen und ideellen Welt vorkommt. Eine Zerrissenheit, ja, Unsicherheit darstellend, die er mit monumentalen Bauwerken symbolisch, immer wieder den Zeitläuften folgend, neu abbildet. Die natürlichen Lebensgrundlagen werden dabei im Selbstverständnis zu Objekten der Gestaltung, zu Begleitgrün degradiert.    

Wir vergeben 📷📷📷📷📷📷, 75 für den wunderbaren Blick auf unser neuzeitliches  Seelenleben.

 

TRANSLATION

☮ 14.08.2022 - City Temples

Friederike was on the road again on business and brought us a very impressive view of the modern temples in our city centres, here using Frankfurt am Main as an example. 

[picture - The city temples in Frankfurt am Main]

We are on one of the upper floors of a shopping temple on the Hauptwache in Frankfurt am Main.
In the cropped lateral oblique view to the left, we see in the classical diagonal course of the picture the Katharinenkirche, a main Protestant church built in the 17th century and rebuilt after the Second World War, as a free-standing component of the surrounding Citytempel.
Following the diagonal to the top right, we recognise the top of the money temple of the Commerz-Bank-Tower, which towers many times over the top of the Katharinenkirche. The top is supported by equally massive, towering and angular pillars in the corporate design. Other pillars of capital and commerce are discernible around this central temple in the washed-out reflection of the photograph.
A grey, cloudy sky looms over the entire temple scene, pointing like an omen to a future with an uncertain outcome.
Like ants, people and machines disappear into the monumental backdrop of the buildings they have erected. It seems as if they run indecisively back and forth between the temples of the city, the temples of money, the temples of faith and the temples of buying.

The well-balanced colour scheme expressively describes the dilemma of modern man, who finds himself lost in the real, material and ideal world he has created. Depicting a turmoil, even insecurity, which he symbolically depicts anew with monumental buildings, always following the course of time. The natural foundations of life are thereby degraded in his self-image to objects of design, to accompanying greenery.    

We forgive 📷📷📷📷📷📷, 75 for the wonderful view of our modern soul life.

 

Die Lyrik zum Schluss
Hymnus auf die Bankiers - von Erich Kästner

Der kann sich freuen, der die nicht kennt!
Ihr fragt noch immer: Wen?
Sie borgen sich Geld für fünf Prozent
und leihen es weiter zu zehn.

Sie haben noch nie mit der Wimper gezuckt,
Ihr Herz stand noch niemals still.
Die Differenzen sind ihr Produkt.
(Das kann man verstehn, wie man will.)

Ihr Appetit ist bodenlos.
Sie fressen Gott und die Welt.
Sie säen nicht. Sie ernten bloß.
Und schwängern ihr eignes Geld.

Sie sind die Hexer in Person
und zaubern aus hohler Hand.
Sie machen Gold am Telefon
und Petroleum aus Sand.

Das Geld wird flüssig. Das Geld wird knapp.
Sie machen das ganz nach Bedarf.
Und schneiden den andern die Hälse ab.
Papier ist manchmal scharf.

Sie glauben den Regeln der Regeldetrie
und glauben nicht recht an Gott.
Sie haben nur eine Sympathie.
Sie lieben das Geld. Und das Geld liebt sie.
(Doch einmal macht jeder Bankrott!)