Hundstage #50 - 19.07.2024
Neulich,
dieser Tage im Sommer also, als ich in den Straßen der großen Stadt unterwegs war und mein Blick von links nach rechts und wieder zurück schweifte, die möglichen dargebotenen Motive suchend, neulich also, ergab sich ein kleiner Moment in dem ich die Körpersprache und das grummelnde Knörzen eines kleinen Dackels in Menschensprache übersetzen, verstehen und nach empfinden konnte.
ich kam eine Treppe hoch und hatte die Kamera sozusagen im Anschlag, den Finger auf dem Auslöser, als ein kleiner Dackel an mir vorbei sauste. Vor Schreck machte ich einen Sidestep und löste dabei das Bild aus. Und - ich verstand was der Kleine grummelte: hmpf, Mann, diss wa jah heute ´n langer Aabeitstach. Ärst dachte ich schonn main behoster Dosenöffner hätte misch vagessen. Fasst hätte isch auf´n Fußabtreter hinner de Balkontür pinkelen müssen. Aber dann hatter donoch de Läpptopp zugeklapp und de Täsch gepack. Un dann nix wie raus ausse Bude. Isch de Wech langgefecht, weil de Blase waa ja schonn son bisken am übberlaufn. Unn dann dat hier. Nix wie Betong, Staine, Bläch, krumme Rohre. Kein bisken wat von dat Grün, von watse imma im Radio am töhnen sinn. Wie, dat frach ich Sie gezz ma, wie soll son aama Hund mit ne volle Blase aat- und stielgerecht saine Bedürfnisse befriedjen, wenn no nimma dat klainste Bäumsken inne Nähe iss? Datt Fotto hia ich hab gezz ma ausgelöst, dat Se ma fühlen können, wat son aamen Hund inne Stadt mit den ganzen Beton für am laiden iss. Naja, isch geh ma auf datt waiße runde Dings da los und dat zaate Gräsken da zwischen de stainerne Borke und dat Ding. Raus mitte Erkänntnisse von den Tach. Mannomann. Isch glaub´ datt waa ein Hund, der de Dampfmaschin ärfunden hat. Der hatte sischer auch son Druck auffe Blase, datter dat Zischen von inne Ohren hatte. So musset gewesen sinn.....
Ja, und dann war ich an dem Mast vorbei und konnte den kleinen Dackel nicht mehr verstehen.
Kein Baum, kein Strauch. kein Klo bei dieser Hitze,
kein Wunder also, wenn ich schwitze.
Augen in der Großstadt - Kurt Tucholsky (1890 - 1935)
Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück...
vorbei, verweht, nie wieder.
Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hasts gefunden,
nur für Sekunden...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück...
Vorbei, verweht, nie wieder.
Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
und zieht vorüber...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.
(C) 2024 Bild und Text by Werner