Flashback #16 - 03.02.2024

Die Tage war ich im Internet unterwegs und stieß bei einer Fotorecherche zu einem anderen Thema auf eine Aufnahme von Willy Pragher, die mich mehr als überrascht hat.

Im Landesarchiv Badem-Württemberg fand ich eine Aufnahme von ihm.
Das frappierende ist, dass wir beide an ziemlich der gleichen Stelle auf dem Bahnhof mit unserer Kamera gestanden haben und den ziemlich gleichen Bildausschnitt fotografiert haben. Er analog, ich digital. Seine Aufnahme vom 26. April 1987, meine Aufnahme vom 29. Januar 2024. Dazwischen liegen 13428 Tage oder 36 Jahre, 9 Monate und 4 Tage. Die Unterschiede in den beiden Aufnahmen: Ziemlich unwesentlich. 
Es ist fast schier unglaublich wie wenig sich in diesen ganzen Jahrzehnten verändert hat. Einfach irre, oder?

Hier die Aufnahme von Willy Pragher als Download aus dem Landesarchiv:

und hier meine Aufnahme:

Augen in der Großstadt - Kurt Tucholsky

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück...
vorbei, verweht, nie wieder.

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang,
die dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hasts gefunden,
nur für Sekunden...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück...
Vorbei, verweht, nie wieder.

Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Es sieht hinüber
und zieht vorüber...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.

(C) 2024 Bild und Text by Werner