DGdeS #6 - Erstes Jagdglück

Die nächsten Tage und Wochen hatte ich keine Zeit den Entdeckungen zu dem abendlichen Treiben am Acker und in der Hütte nachzugehen. Zuviel Arbeit wartete im Büro auf die Erledigung. Auch Außentermine standen an.

Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein {vgl. Matthäus 4,4}.

Also erst die Arbeit erledigt. Aber ehrlich gesagt, war dies leichter gesagt als getan, da die Gedanken an die kleine Hütte am Feldrand mich permanent und unterschwellig im Hirn bohrend beschäftigten.
Besonders hatten es mir die nicht zu erkennenden Pakete, welche die Typen sich zu geworfen hatten, angetan. Habe ich schon erwähnt, dass die Gestalten keine Freizeitkleidung trugen? Das Outfit sah eher nach Baustelle und Handarbeit als nach Schreibtischjob aus. Komischerweise fehlten die sonst bei solchen klammheimlichen Tätigkeiten assoziierten dunklen Brillen. Auch stand von denen keiner im Abseits und beobachtete das Treiben oder die Gegend. Alles schien wie selbstverständlich und oft geübt abzulaufen. Vielleicht machte ich mir Gedanken in die falsche Richtung und die Aktion war eine der harmlosen Art. Wieder trotzdem! Etwas war dennoch seltsam am Verhalten der Truppe gewesen. Irgendetwas hatte mir die Körpersprache der dort vor dem Hüttchen Agierenden vermittelt, was mich nicht ruhen ließ und die Gedanken befeuerte. Irgendetwas...

Als ich mich wieder freimachen konnte, war es Mitte April geworden. Das erste Grün sprießte, die Felder wurden grün und die Bäume bekamen wieder Blätter an die Zweige. Es muss an einem Mittwoch oder Donnerstag gewesen sein, als ich mich wieder aufmachen konnte, den gewonnenen Erkenntnissen nachzugehen.
Das Terrain kannte ich ja jetzt bereits und so lief ich das Ziel der kleinen Hütte direkt an.

Kleine Hütte
Die kleine Hütte am Feldweg

Dort angekommen fiel mir auf, dass das Tor einen guten Spaltbreit offenstand. Auch schien es als hinge die ganze Konstruktion ziemlich schlapp in den Angeln. Und alle Latten hatte das Tor auch nicht mehr auf der Reihe. Seltsam war dies schon, wenn man hier in aller Heimlichkeit was verstecken wollte.

Das Tor am Hüttchen
Das schlappe Tor der kleinen Hütte

Vielleicht war dies aber auch so gewollt und sollte schönste Harmlosigkeit vermitteln. Man versteckt einen Baum auch am besten im Wald.
Jedenfalls bin ich einmal um die Hütte rum, um zu sehen, ob es noch etwas anderes von Interesse gab, was mir verborgen geblieben sein konnte. Schließlich beruhten meine bisherigen Erkenntnisse auf einer spontanen Beobachtung. Eine 24/7-Kontrolle der Gegend war eben nicht möglich  gewesen. Eine Wildkamera wollte ich deswegen nun auch nicht kaufen und installieren. Außerdem war es aufgrund der freien Lage auch kaum möglich eine Kamera unauffällig anzubringen. Da musste man schon persönlich ran. Gleichviel - nachdem der Außenraum inspiziert war konnte ich mich dem Inneren der Hütte widmen. Das Tor bot ja genug Durchsicht, so dass unschwer zu erkennen war, dass nichts den Zugang in die Hütte behinderte. 

Kleine Hütte innen
Das Innenleben der kleinen Hütte

Nachdem ich meinen Body durch den Torspalt geschoben hatte, stand ich in einem heftigen Durcheinander. Neben allerlei Gerätschaften des bäuerlichen Bedarfs, lagerten dort auch ausgediente Materialien in rauen Mengen verteilt in der Hütte. 
Auffallend war, dass der Boden gegenüber dem Außenwandsockel eher tiefer als höher zu liegen schien. Und in der Tat konnte ich in der seitlichen Öffnung erkennen, dass ein Absatz von ca. 20 Zentimetern von außen nach innen vorhanden war. Im Weiteren war ersichtlich, dass der Bodenbelag aus Ziegelschutt sehr jung aussah. Die aus zerbrochenen Tondachziegeln bestehende Schicht sah aus, als wäre sie erst gestern eingebaut worden. Unsere Bauern sind ja wahre Künstler im stofflichen Recycling und bei der Wiederverwendung vom Baumaterial sowieso. Da kann aus dem Holz und den Ziegeln einer alten Scheune schonmal eine Gebäudeaufstockung mit zwei Etagen entstehen, die zu Wohnzwecken genutzt wird.
Hier jedenfalls lagen haufenweise Dachziegel. Und jetzt erkannte ich auch, was die Mannschaft bei Nacht und Nebel hierher transportiert hatte. Ziegelpakete. Dachziegel eines alten Daches, welche nicht mehr benötigt wurden und hier preiswert und nutzbringend "entsorgt" wurden. Aber warum bitte schön, wurden diese Ziegel nicht wie üblich zur Wegbefestigung verwendet? Und warum bitte, war immer noch ein Absatz von 20 Zentimetern vorhanden? Wurde da noch mehr erwartet? Was sollte da noch kommen? 
Wie jedes Mal bei dieser vertrackten Geschichte, taten sich mit jeder neuen Erkenntnis neue Fragen auf. Natürlich hatte ich wieder eine Idee, wie diese Fragen angegangen werden konnten. Aber davon dann im nächsten Kapitel.

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