DGdeS #7 - Neugier im Quadrat

Das Material in der kleinen Hütte musste irgendwo her gekommen sein. Der "Lieferwagen" hatte die Hütte in Richtung Dorf verlassen, war aber nicht von dort gekommen. Was lag also näher, die Zufahrtswege mal einer längeren Beobachtung zu unterwerfen.
Mein erster Ansitz lieferte den Ansatz zur Lösung. Es musste doch mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht noch andere, ähnliche Beobachtungsposten in der Umgebung gab und ich die Bewegungen der fleißigen Truppe nicht noch besser einnorden konnte.
Als erstes nahm ich den zur kleinen Hütte gelegenen Waldrand in Augenschein und - peng! - bereits unmittelbar am Ende des Feldwegs von der Hütte zum Wald fand ich einen wunderhübsch geeigneten und sehr stabil gebauten Hochsitz mit idealer Blickrichtung zum Zielort "Kleine Hütte". Praktischerweise hatte die Frontverkleidung eine Nummerierung mit Zahlnummer 4. Diese "Vier" sollte einer meiner neuen Posten werden.

Posten 4

Sehr hübsch bei Posten 4 war, dass sich unmittelbar neben der Einstiegsleiter ein brusthoher Holzstapel befand, der eine gedeckte Beobachtung auch auf Bodenhöhe ermöglichte. Fehlte eigentlich nur noch ein Sofa oder ein Sessel.

Wo es eine Vier gab musste eigentlich auch eine Fünf in der Nähe sein. Und richtig - weil es so schön war, lief ich noch etwas weiter und fand folgerichtig den dritten Aussichtspunkt: Die Fünf.  Das ganze wirkte so, als hätte jemand vorausgesehen, dass ich hier einen Beobachtungsplan verfolgte und mir die Arbeit durch das Nummerieren der Posten erleichtern wollte. Ein feiner Zug.

Posten 5

Zwischen Posten 4 und 5 lag ca. ein Kilometer und beide Posten hatten freie Sicht über Feld und Acker bis zur kleinen Hütte. 
Den nächsten Abend verbrachte ich mit heißem Tee und ein paar Schnittchen kauend auf Posten 4. In den vier Stunden, es regnete und war ewig kalt, passierte wieder nix Neues. Lange, trübe und wolkenverhangene Ödnis. Rehe, Hase und Fuchs sagten sich Gute Nacht und ich verschwand diesmal ohne Ergebnis.
Trotz des angesagt fiesen Wetters wollte ich mich nicht abschrecken lassen und wechselte am nächsten Abend mit heißem Tee und frischen Schnittchen auf Posten 5, in der Hoffnung auf ein Ergebnis. Und in der Tat, diesmal hatte ich ein wenig Glück. Gegen sieben oder halb acht kam aus Richtung Dorf ein kleiner Trecker mit einem kleinen Pkw-Anhänger den Hügel hoch gezockelt. Wie es aussah, war der kleine Anhänger ziemlich schwer beladen. Auf dem Trecker saßen drei Gestalten, eine vierte auf dem Hänger, der infolge der schweren Beladung auf dem Feldweg nicht mal ansatzweise hoppelte. Gute Straßenlage eben.
Der Weg führte direkt auf die kleine Hütte zu, jedoch das Gespann fuhr schnurstracks daran vorbei auf meinen Posten 4 zu, am Posten 4 vorbei in den Wald und damit aus meinem Beobachtungsfeld. Zack, Ende der Aufnahme für heute. 
Okay, wenn also hier die Aktivitäten in einem größeren Umfeld stattfanden, bedeutete dies fürderhin zwangsläufig, dass auch die Beobachtungsposten verteilt werden mussten.
Ich folgte als der Spur in den Wald und wurde bereits nach etwa einem halben Kilometer fündig. Ansitz Nummer 3 oder wie beschriftet Posten 11 war gefunden. 

Posten 11

Ganz so komfortabel wie Posten 4 und 5 war Nummer 11 nicht, da ihm etwas die Deckung fehlte und er relativ dicht am Wegesrand stand. Aber wie sagt der Volksmund so treffend: Es ist nicht aller Tage Abend. Für die "Unterdeckung" besorgte ich eine grüne Plane, die umlaufend angetackert, hervorragenden Schutz bot und waldwirtschaftlich adäquat ausschaute.
Nach dem die Vorabreiten erledigt waren gings die nächsten Tage wieder auf die Pirsch. Diesmal hatte ich eine Doppelstrategie entwickelt. Erst auf Posten 4 die Ankunft der heimlichen Truppe abwarten und dann entweder zu Posten 5 oder 11 wechseln, um die weiteren Aktivitäten zu verfolgen.

Während der Suche und den Beobachtungen hatte ich festgestellt, dass immer gegen Freitag oder Samstag Transporte stattfanden, die sich mit frischen Radspuren der Anhänger auf dem Matsch der Feldwege abzeichneten. So konnte ich in meinen Beobachtungskalender die Frei- bzw. Samstage blocken.

Ein sagenhaftes Glück überfiel mich zwei Wochen später. Ich hatte gerade an einem Freitag um sechs Uhr abends auf Posten 4 Stellung hinter der Brustwehr des Holzstapels bezogen, als aus Richtung Dorf das typische Tucktuck des Treckers erscholl und prompt das bekannte Gespann den Weg hochgezockelt kam. Diesmal wurde kurz an der kleinen Hütte angehalten und irgendetwas zugeladen. Dann ging es sofort weiter in meine Richtung und in den Wald hinein. Ganz kurz musste ich mich hinter den Holzstapel ducken, dann war die Mannschaft vorbei gefahren. Mit Kamera und Pausenbrot schlich ich durch die Büsche. Das Motorengeräusch lieferte im stillen Wald eine gute Orientierung. Und dann die Fortsetzung des sagenhaften Glücks. Ich konnte in aller Ruhe auf dem präpariertem Posten 11 Stellung beziehen, denn die Truppe hatte keine hundert Meter von meinem Posten entfernt angehalten und war abgestiegen. Jetzt konnte ich sehen, dass es eine altersmäßig ziemlich gemischte Truppe zwischen geschätzten zwanzig und sechzig Lebensjahren war. Alle in rustikaler Kleidung mit derben Schuhen und gut entwickelten Oberarmen ausgestattet. Das Gespann hatten sie neben einem riesigen Holzstapel geparkt und begannen die Scheite in den Anhänger zu verladen. Das ging sehr flüssig und eingespielt von statten. Nach circa einer halben Stunde war die Aktion beendet. Zwischendurch hatten sie mit einer monstermäßigen Kettensäge einzelne Scheite halbiert und eingeschlichtet. Die Mannschaft nahm wieder auf dem Gespann Platz und wendete. Ich konnte jetzt schlecht weg, dann hätten sie mich bemerkt und ganz sicher wäre ich irgendwie in Erklärungsnot gekommen. Aber alles ging glatt. Der Trecker zockelte an meinem Posten 11 ohne Mucken vorbei in Richtung Waldesrand. Und dort fuhren sie nicht etwa geradeaus, sondern bogen nach links in Richtung meines Postens 5 ab. Uii, damit hatte ich nicht gerechnet. Das veränderte die Situation wieder einmal. 
Es war aufgrund der geringen Geschwindigkeit kein Problem hinter dem Gespann in Deckung durch den Wald herzulaufen. Das Motorengeräusch überdeckte das Knacken der Äste ganz hervorragend.
Am Posten 5 angekommen kletterte ich flugs in den Turm und konnte so ganz entspannt den weiteren Weg verfolgen.

Posten 12

Den weiteren Weg der Truppe konnte ich noch ungefähr über 3 Kilometer verfolgen, bis das Gespann durch die Geländeformation dem Blick entzogen wurde. Kurz bevor die Mannschaft jedoch verschwand konnte ich noch sehen, dass dort ein weiterer Beobachtungpunkt, der Posten 12, platziert war. 
Dieser Posten brachte mich dann zu einer Beobachtung, die für die weiteren Erkenntnisse von grundlegender Bedeutung war.

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