GOURMET ToGo
by wernerpublished on
es gibt Sachen, die bemerkt man erst auf den zweiten oder dritten Blick. Bei der folgenden Aufnahme war dies anders. Hier hatte ich gleich einen Eindruck vom Ausdruck der Szene. Insoweit habe ich mir an der Straße zwischen zwei Lastwagen etwas Zeit für die Aufnahme genommen.
es waren die zwei Headlines, die mich aufmerken ließen. Über dem linken Schaufenster steht: "GOURMET To Go" und über dem rechten: "GOURMET Grillhaus". Die linke Überschrift trägt sogar noch den Untertitel: "Straßenverkauf".
Auf der fassadenseitigen Dekoration findet sich an beiden Schaufenstern ein ansprechender Aufkleber mit "SCHÜLER DÖNER 6,50€".
Fangen wir mit dem GOURMET an.
Einen Feinschmecker bezeichnet man ja landläufig auch als Gourmet. Durch diese Begrifflichkeit entsteht in Verbindung mit dem "To Go" bereits die erste Karikatur. Das "Gourmet to go" könnte man auch als den Laden eines Sternekochs verstehen, der für die ständig vorbeilaufenden Gourmets stets etwas zum Mitnehmen bereit hält. Völlig absurd und eine Satire auf den guten Geschmack, oder? Hinzu kommt, dass es sich bei dem Speisenangebot um - siehe Plakat - um "DÖNER" in allen Variationen handelt. Also gibt es hier einen GOURMET-DÖNER zu mitnehmen. (Ich weiß gar nicht wie ich den Ausdruck hervorheben soll? Erst den Gourmet und dann den Döner oder umgekehrt oder beides gleichzeitig?)
Jetzt hat mich allerdings das Zusatzplakat "SCHÜLER DÖNER" auf beiden Scheiben etwas verwirrt. Gibt es doch tatsächlich eine Fa. Schüler GmbH, die Dönerboxen für das transportable Essen herstellt und verkauft. Hier der Auszug aus der Webseite der Firma:
"Dönerbox:
Der Döner (Kurzform für Döner Kebap) ist ein türkisches Gericht und gehört in Deutschland zu den beliebtesten Schnellimbissprodukten.
An immer größerer Beliebtheit erfreut sich die sogenannte Dönerbox, gefüllt mit Fleisch, Pommes Frites oder (!) Reis, Salat und Sauce.
Die qualitativ hochwertige Snackbox ist aus Hartpapier, PE-beschichtet, mit einem Neutralmotiv bedruckt und in den Größen 125×100 mm (26 oz) und 85×100 mm (16 oz) in unserem Online-Shop bzw. in unserem ebay-Shop erhältlich." Soweit die Werbung der Firma.
Oder, hat hier unser ambitionierter Sternekoch eine Feinschmeckerbude eröffnet, in welcher eine zarte Liaison zwischen halalen Fleischscheiben, Trüffelöl und feinster Knoblauchsoße feilgehalten wird? Hier entsteht eine erstklassige Symbiose zwischen Haute Cuisine und Pausenbrotromantik. Und, wird dieses hochwertige Gourmet-Angebot für Schüler zu einem erschwinglichen Preis angeboten, um die Eleven auf den Weg des guten Geschmacks zu bringen, da zu Hause eh´ nix Gescheites zum Essen im Kühlschrank lauert?
Alles durchaus möglich, da der GOURMET ein GRILLHAUS hinterhergepfeffert bekommt, womit eigentlich alles gesagt ist.
Hier das Ganze in einer kleinen Story, die sich so oder so ähnlich übermorgen ereignet hat:
Gourmet To Go – Eine delikate Versuchung“
Als der junge Felix an diesem Dienstagmittag aus der Schule trottete, seine Biologiearbeit halb verdrängt und den Magen voll gähnender Leere, fiel sein Blick auf ein neu eröffnetes Etablissement mitten in der Fußgängerzone. Neben dem Fitnessstudio prangte in messerscharfer Typo auf einer Fensterscheibe:
GOURMET To Go. Darunter, fast scheu: Straßenverkauf. Auf der angrenzenden Schaufensterseite flackerte im Sonnenlicht: GOURMET Grillhaus.
Felix trat näher. Die Front des Ladens zierte ein goldgerahmter Aufkleber: SCHÜLER DÖNER – 6,50 €. Die Ironie? Ihm entging sie nicht.
Drinnen roch es nach Zwiebeln, warmem Brot und einer leichten Note von... war das Trüffel? Ein Mann mit Haarnetz, Schürze und imposantem Schnurrbart – der sich später als Mehmet, gelernter Koch mit Michelin-Vergangenheit entpuppte – schnitt dünnste Fleischscheiben vom Spieß. Mit chirurgischer Präzision.
„Ein Schüler-Döner, bitte“, murmelte Felix. Mehmet nickte und richtete an: Bio-Kalb vom Demeter-Hof, handgezogener Joghurt, fermentierter Rotkohl, ein Hauch Estragon. Dazu ein Spritzer Trüffelmayo – „nur wenn du willst, mein junger Feinschmecker.“
Felix nahm den Karton entgegen. Hartpapier, PE-beschichtet, außen neutralweiß mit stilisierter Olivenranke. Es war kein Döner. Es war ein kulinarisches Statement. Ein pädagogisches Konzept. Eine Fast-Food-Epiphanie.
Er setzte sich auf eine nahegelegene Bank, nahm einen Bissen – und spürte, wie sich Geschmack, Ironie und Bildungsauftrag auf seiner Zunge zu einer neuen Realität verbanden. Gourmet to go. Für Schüler mit Anspruch.
Im Juni - Städte und das Land sich schwer erhitzen,
deutsche Männer jetzt beim Grillen schwitzen.
Braten, rösten, marinieren,
Steaks, Speck, Würste - alles zwischen hellen Bieren.
endlich, endlich ist es wieder schön soweit,
die heiße, sommerliche Grillenzeit.
Der Juni- Erich Kästner (1899 - 1974)
Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.
Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.
Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.
Es wird und war. Es war und wird.
Aus Kälbern werden Rinder
Und weil's zur Jahreszeit gehört,
aus Küssen kleine Kinder.
Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ist's bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.
Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.
Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.
Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
ob's Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.
(C) 2025 Bilder und Text by Werner

