Salix Barbitium

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hermann und Siegfried sind umgezogen und haben ihr neues Domzil bezogen. Nach langen Wochen des Wartens ist es gelungen, die Insellage mit einer Verbindung zur Welt herzustellen. Als kleines HALLO und WILLKOMMEN haben uns via Satellit die ersten Bilder vom Niederrhein (liegt noch im Rheinland!) erreicht. Neben sehr stimmungsvollen Aufnahmen, hat uns das folgende Bild von Hermann mächtig inspiriert. 

von einem seiner ersten Erkundungsgänge im neuen Revier hat uns Hermann diese wunderbare Aufnahme eines kräftigen Salix Barbitium vulgo Bartweide - Botaniker kürzen ihn gern mit >SB< ab -, wie er nur noch in den Hochwassergebieten von Rhein und Ruhr vorkommt, übersendet.
Der SB wurde und wird heute wieder zur Gewinnung von Materialien für die Perücken- und Toupetherstellung in Ufernähe gepflanzt. Der junge, schnellwachsende Baum wächst zunächst mit einem kräftigen Mitteltrieb aus dem Keimling, um sich bereits nach wenigen Jahren strauchartig zu verzweigen. Der SB ist, wie alle Weidenarten, sehr ausschlagfreudig, weshalb es im Frühjahr immer wieder zu Unfällen mit unvorsichtigen Spaziergängern kommt.
Neben dem Holzertrag bei der Ernte liefert der SB aufgrund seiner fantastischen elastischen Eigenschaften ein unersetzliches Grundmaterial. Während der regelmäßig wiederkehrenden Hochwässer nehmen die Zweige zartes Treibgut aus dem Wasser und lagern dieses nach sinkendem Pegelstand auf angenehmer Höhe zur natürlichen Trocknung und dem Weidelbauern zur Ernte.
Das Material wird anschließend ähnlich den Flachs- oder Hanffasern weiterverarbeitet und lässt sich mit beiden Fasern aufgrund ihrer unterschiedlichen Naturtönung und Festigkeit hervorragend kombinieren. So entstehen durch die etwas festeren Sammelfasern des SB in Kombination mit den sehr sanften Hanffasern Haupthaarbedeckungen, die von natürlichem Kopfhaar kaum zu unterscheiden sind und in ihrer Stabilität die Anwendung von Haarstylingprodukten wie Spray oder Gel überflüssig machen. Ein weiterer Vorteil ist, dass das neue Haupthaar, modisch verarbeitet, auch als fesche, atmungsaktive und schweißabsorbierende Kopfbedeckung hergestellt werden kann. Neben der physischen Wirkung einer warmen Hirnschale, ist auch die psychische Wirkung eines guten Aussehens für den Tragenden nicht zu unterschätzen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der langen Haltbarkeit und der Pflegeleichtigkeit. Ein leichter Sommerregen mit einem milden Duschgel auf dem Kopf angewendet genügt für die Auffrischung der Farbe und zur Reinigung der Fasern. Ein Zusatznutzen, der etwas zufällig entdeckt wurde, besteht in der farblichen Anpassung der Kopfbedeckung. So lässt sich mit einfachen, ungiftigen Pflanzenfarben eine natürlich Alterung bspw. von Kastanienbraun zu Stahlgrau während der langjährigen Tragedauer den Gesichtsfalten des Anwendenden anpassen.
Sollte das Produkt wieder erwarten unmodern werden, so kann eine einfache Entsorgung über die Bio-Tonne oder den hauseigenen Kompost erfolgen. Letzteres ist nicht unbedingt zu empfehlen, da es schon zu Einsätzen der Mordkommission infolge vorgeblicher Leichenfunde gekommen sein soll. 

Insgesamt gesamt eine haarige, aber doch Runde Sache mit vielen Benefits.  

Fehlen Haare oben auf dem Kopf,
wächst noch unten mancher Zopf.

Luftveränderung - Kurt Tucholsky ( 1890- 1935)

Fahre mit der Eisenbahn,
fahre, Junge, fahre,
Auf dem Deck vom Wasserkahn
wehen deine Haare.

Tauch in fremde Städte ein,
lauf in fremden Gassen;
höre fremde Menschen schrein,
trink aus fremden Tassen.

Flieh Betrieb und Telefon,
grab in alten Schmökern,
sieh am Seinekai, mein Sohn,
Weisheit still verhökern.

Lauf in Afrika umher,
reite durch Oasen;
lausche auf ein blaues Meer,
hör den Mistral blasen!

Wie du auch die Welt durchflitzt
ohne Rast und Ruh –:
Hinten auf dem Puffer sitzt
du.

(C) 2024 Bilder by Siegfried/Hermann und Text by Werner